Das Bezirksamt Lichtenberg hat sich vorgenommen bis Dezember 2022 ein Wirtschaftsflächenkonzept für den Bezirk zu erstellen. Das Konzept soll Maßnahmen benennen und Instrumente empfehlen, um die bestehenden Gewerbeflächen für eine gewerbliche und industrielle Nutzung zu erhalten und regionale Wachstumspotenziale zu identifizieren. Das Lichtenberger Wirtschaftsflächenkonzept soll künftig als Arbeitsgrundlage für die bezirklichen Genehmigungs- und Planungsbehörden dienen. Es soll notwendige Entwicklungsmaßnahmen sowie die gewerblichen Bedarfe identifizieren und die für eine Umsetzung notwendigen Planungsinstrumente benennen.
Das Konzept wird erstellt, weil die Nachfrage nach Gewerbeflächen im Land Berlin steigt, während es innenstadtnah an Flächen mangelt. Zusätzlich stehen viele Mieter und Mieterinnen auf Bestandsgewerbeflächen aufgrund steigender Kauf- und Mietpreise unter wirtschaftlichem Druck, auch in Lichtenberg. Gleichzeitig finden sich im Bezirk Entwicklungspotenziale, die es zu erschließen gilt.
Das Bezirksamt Lichtenberg setzt mit der Erarbeitung des bezirklichen Wirtschaftsflächenkonzeptes den Senatsbeschluss „Vielfältige Gewerbestrukturen schützen“ um. Dieser sieht bezirkliche Vertiefungen zu den Maßnahmenvorschlägen des StEP (Stadtentwicklungsplan) Wirtschaft 2030 auf bezirklicher Planungsebene vor.
Die Inhalte eines Wirtschaftsflächenkonzeptes werden hier beschrieben:
„Bezirkliche Wirtschaftsflächenkonzepte (WiKo) – Leitfaden“
Die flächenbezogene Betrachtung soll systematische Zielvorgaben und Typisierungen für einzelne Bereiche erleichtern, die aus der Sicht der Wirtschaftsförderung und vorbereitenden Stadtplanung für relevant erachtet werden:
Profilbereiche
- Produktionsschwerpunkt
- Berliner Mischung (Gewerbe in eingestreuten Lagen)
- Urbane Lagen (hoher Anteil Büro und Dienstleistung)
- IKT und Forschung (u.a. mit Zukunftsorten)
- Flughafenaffines Gewerbe
- Logistik und Transport
- sonstige (benennen).
Stärkung/Profilierung bestimmter Nutzung(en)
- Produzierendes Gewerbe
- Gewerbe mit gemischter Struktur
- Logistik
- Lokales Gewerbe
- Ver- und Entsorgung mit gewerblichem Charakter
- Wissenschaft/Technologie/Forschung
- Büro und Dienstleistung
- Kunstproduktion
- Kreativwirtschaft
- sonstige (benennen).
Auch die Nachverdichtung von Gewerbeflächen gehört zum Instrumentarium in Berlin.
Lichtenbergs Wirtschaftsstadtrat Kevin Hönicke (SPD) sagte dazu: „Das Wirtschaftsflächenkonzept wird einen weiteren und notwendigen Beitrag leisten, die begehrten Gewerbeflächen des Bezirks zu erhalten, sie weiterzuentwickeln und zu qualifizieren. Denn auch unsere Gewerbeflächen müssen fit für die Zukunft gemacht werden, damit Lichtenberg ein wichtiger und zukunftsfähiger Wirtschaftsstandort bleibt. Gleichzeitig bieten wir damit den Lichtenberger Unternehmen – und denen, die es werden wollen – die dringend notwendige Planungssicherheit. Dies sichert bestehende und schafft neue Arbeitsplätze.“
Syntegrative Wirtschaftsförderung ist gefragt – die Fläche, Miete und Investition planbar macht
Kommentar | von Michael Springer
Die aufgrund von Flächenknappheiten explodierenden Gewerbemieten und der steigende Kapitalaufwand für Bauen und Investieren werden durch ein Gewerbeflächenkonzept nur am Rande beeinflusst und sind lediglich taktische Verbesserungen am Wirtschaftsstandort Lichtenberg. Mit dem Senatsbeschluss „Vielfältige Gewerbestrukturen schützen“ kommt künftig so etwas wie „Milieuschutz für Gewerbe“ in Gang.
Was fehlt, sind strategische Ideen, wie kostengünstig gebaut und wie Gewerbemieten systemisch finanziert werden können, um z.B. neue Branchencluster, strategische Lücken in der Berliner Innovationsstrategie und langfristige Anpassungen an absehbare Marktentwicklungen zu ermöglichen.
Der „Flächen-Bias“ in der Wirtschaftsförderung hilft vorwiegend der Verwaltung, den Überblick zu bewahren. Um neue wirtschaftliche Impulse zu setzen ist viel mehr notwendig: dazu drei Beispiele
- im Möbelhandel feiert gerade Möbel Höffner 111 Jahre Jubiläum. IKEA ist in Berlin vertreten, und die weiteren Branchenriesen wie XXXL-Lutz, Porta; Roller und einige andere. Auch der größte Möbel-Online-Händler sitzt in Berlin. Dazu gibt es zwei große Kunsthochschulen und mehrere private Designschulen. Was es nicht in Berlin gibt: einen 12 Innovationscluster für „Arts, Design & Industry“ und „Circle Economies“. Lichtenberg sollte hier aktiv werden!
- produktive Gründerförderung muss vom alten „„Gewerbepark-Denken“ befreit und schichtweise neu syntegriert werden. Das Modell ist der EU-Förder-Burger: das Grundstück als kommunale Liegenschaft absichern. Gebäude und Gewerbeparzellen über Entwicklungsgenossenschaft mit Kapitaleinlagen und 8% Eigenkapitalbildung, leistbare Gewerbemieten, mit 1 Monat Rückvergütung (Eigenkapitalaufwuchs). Dazu ein gemeinschaftlicher Infrastruktur- und Maschinenpark, der Teilnutzungen vermietet. Plus EU-Innovations-Förderung in An-INstituten und ergänzende Spezial-Gründungen. Plus EU-Fit-for-55-Förderung. Plus individuelle Gründungsförderung. Plus EU-Marktförderung im Branchencluster.
- Für Kreativ- und Kulturwirtschaft und arbeitsintensive Branchen müssen Teilerwerbs- und Eigenleistungs-Formen für Immobilieneigentum und neu zu schaffendes Gemeinschaftseigentum ermöglicht werden.
- In der Bauleitplanung muss vom bisherigen Leitbild der funktionalen Stadt zum Leitbild der vernetzten und nachhaltigen Stadt übergegangen werden. Das bedeutet: Umwandlung und Verdichtung von Gewerbe- und Industrieflächen in die Kategorie „Urbane Gebiete“ und Nutzung des besonderen Städtebaurechts für Stadtumbau und Verdichtung im Innenbereich, um funktionale Synergien und gemischten Nutzungen auf dem Grundstück zu erreichen.